»Ich habe mich als Vorbild«
Giovanni di Lorenzo ist Chefredakteur der ZEIT, Mitherausgeber des Tagesspiegels und Co-Moderator der »Mutter aller Fernseh-Talkshows« 3nach9.
GIOVANNI DI LORENZO Liebe Penelope, ich freue mich, dass ich mit dir sprechen kann. Wenn ich richtig informiert bin, dann sind wir ja schon beinahe Kollegen.
PENELOPE Ja, ich habe auch schon mal Menschen interviewt, für unsere Schülerzeitung »Feuerfeder«. Zum World Cleanup Day habe ich bei einer Greenpeace- Aktion die Straße mit aufgeräumt und darüber einen Artikel geschrieben. Ich bin rumgegangen und habe Leute gefragt, die Müll gesammelt haben, meine Mutter hat mitgeschrieben.
Hast du Lampenfieber, wenn du Menschen ansprechen sollst?
Nein, überhaupt nicht! Ich quatsche gerne mit anderen Leuten und ich rede gerne. Deshalb war das ganz toll für mich. Vor ein paar Wochen habe ich in der Aula in meiner Schule auf der Bühne gestanden, für die Auflösung eines Experiments, da ging es um Fake-News. Die halbe Schule war da, sogar große Mädels aus der siebten und achten Klasse! Das hat Spaß gemacht. Ich liebe es, auf der Bühne zu stehen!
Was für ein Experiment war das?
Ich habe für die Schülerzeitung einen Artikel geschrieben über Russland und die Ukraine und habe dabei rausgefunden, dass Putin Fake-News erzählt, also Lügen. Das fand ich spannend und ich wollte wissen, ob meine Mitschüler auch auf Fake-News reinfallen.
Und was hast du dir da ausgedacht?
Ich habe mir zusammen mit meinem Vater überlegt, dass ich was Spannendes machen will, und da ist er auf diese Idee gekommen: Ich habe Flyer ausgedruckt und aufgehängt, auf denen stand, dass »The Voice Kids« zu uns in die Schule kommt, an einem bestimmten Tag. Und ganz viele haben das einfach geglaubt und sind in die Aula gekommen. Ich bin dann auf die Bühne gegangen und habe erzählt, worum es geht und warum ich das gemacht habe.
Wie fanden deine Mitschüler das denn? Waren die nicht sauer auf dich?
Doch, viele waren auch sauer. Manche hatten ja bestimmt ganz viel geübt, weil sie dachten, dass sie wirklich vorsingen bei »The Voice Kids«. Aber sie haben eben auch was daraus gelernt, das wollte ich ja. Und wir haben dann Süßigkeiten verteilt, damit keiner richtig traurig ist.
Sagst du das anderen Menschen auch, dass du etwas nicht böse meintest?
Ja, ich bin eine sehr mitfühlende Person. Wenn ich merke, dass irgendwer sich von mir ungerecht behandelt fühlt, oder wenn ich mal wen getreten oder geschubst habe, und das gar nicht wollte, dann sag ich das natürlich sofort. Und im Kopf fühle ich mich dann auch blöd, weil ich ja niemandem schaden und niemanden traurig machen möchte.
Mitgefühl ist eine sehr tolle Stärke.
Penelope
Glaubst du, dass das eine Stärke ist, wenn man mitfühlend ist? Oder dass man dadurch auch Nachteile hat?
Ich glaube, das ist eine sehr tolle Stärke und dass man fast gar keine Nachteile dadurch hat.
Wie würdest du dich sonst noch beschreiben?
Ich glaube, ich bin ein sehr offener Mensch, ich gehe gleich auf einen zu. Und ich kann manchmal auch sehr eigensinnig sein. Ich weiß, Kinder wissen eigentlich noch gar nichts von der Welt, aber ich kämpfe oft meine Meinung durch. Ich versuche es zumindest. Und dadurch lerne ich auch viel dazu. Wenn ich was falsch gemacht habe, denke ich darüber nach und dann mache ich mir halt Gedanken darüber. Und dann lerne ich daraus.
Und gibt es auch Seiten an dir, die du nicht so magst?
In der ersten Klasse wollte ich alles perfekt machen. Es gab ein richtig tolles Mädchen in der Klasse, die konnte alles, die war superschön, sie war richtig sportlich, sie konnte gut malen. Und ich wollte auch so sein wie sie, weil alle immer mit ihr spielen wollten, alle sich immer mit ihr verabredet haben und alle sie supernett fanden. Und ich wollte auch so sein wie sie. Das war eine Eigenschaft, die mag ich nicht so sehr, weil ich nicht daran gedacht habe, dass ich toll bin, so wie ich bin.
Hat dich das verunsichert?
Das hat mich verunsichert. Aber ich habe mich deshalb auch mehr angestrengt, und das war gut. Ich habe in dem Moment einfach nicht daran gedacht, dass ich ja auch toll bin, das war ganz blöd von mir.
Seid ihr heute befreundet?
Nicht so eng, aber fast alle in meiner Klasse sind miteinander befreundet, manche sind halt BFFmäßig und manche sind einfach nur Freunde.
Was heißt das, BFF-mäßig?
BFF ist so »best friends forever«, »Ich begleite dich immer in meinem Leben«, »Ich küsse deine Füße« und so.
So redet ihr also! Wenn ihr alle befreundet seid, gibt’s da keinen, der gehänselt wird oder gemobbt?
Doch, das gab’s tatsächlich in meiner Klasse. Ein Mädchen hat einen Jungen gemobbt. Das Mädchen hat sich Nachrichten auf den Arm geschrieben, den Anfangsbuchstaben von dem Jungen und dann: ist dick, bekloppt, blöd und hässlich.
Dieser Junge war neu in der Klasse und der wurde dann richtig aggressiv und hat ein paar Leute verletzt, weil er sich so unwohl gefühlt hat. Wir dachten die ganze Zeit, dass er der Schlimme sei, obwohl das Mädchen die Schlimme war. Ich habe das dann angesprochen, weil sich sonst niemand getraut hat und weil ich den Eindruck hatte, dass er sich nicht wohlgefühlt hat. Und ich glaube, niemand ist ohne Grund aggressiv.
Bei wem hast du das angesprochen?
Bei einer Lehrerin. Und die hat dann den Jungen und das Mädchen reingeholt.
Ich finde das ganz toll von dir! Warst du da ein bisschen stolz auf dich?
Was heißt stolz, bitte schön? Also, da bin ich jetzt nicht stolz, ich fand das halt gut, dass es aufgeklärt wurde.
Das vollständige Interview mit PENELOPE lesen Sie hier ab Seite 154/155.
Credit
Vera Tammen/Die ZEIT