8. Oktober 2020

Technik plus Pädagogik: wie digitale Optimalschulen erfolgreich digitale Kompetenzen bei allen Schüler:innen fördern

  • Eine neue Studie der Vodafone Stiftung Deutschland untersucht anhand der ICILS-2018-Studie nicht-gymnasiale Schulen in Deutschland, an denen Schüler:innen über ein besonders hohes Niveau an Digitalkompetenzen verfügen
  • Diese sogenannten digitalen Optimalschulen sind besonders chancengerecht und gleichen Leistungsunterschiede aufgrund von Geschlecht, Migrationshintergrund und sozialer Lage der Schüler:innen aus
  • An digitalen Optimalschulen gehen eine pädagogisch geeignete technische Ausstattung, die Fortbildung der Lehrkräfte sowie der reflektierte Einsatz digitaler Medien Hand in Hand

Berlin/Düsseldorf. In Deutschland verfügen Achtklässlerinnen und Achtklässler an Gymnasien im Durchschnitt über höhere Digitalkompetenzen als Gleichaltrige an Schulen, die keinen oder nicht ausschließlich einen gymnasialen Bildungsgang anbieten (Nicht-Gymnasien).

Etwa jedem zehnten Nicht-Gymnasium gelingt es jedoch, dieses Muster zu durchbrechen und ein überdurchschnittlich hohes Maß an Digitalkompetenzen bei den Schüler:innen zu fördern. An diesen sogenannten digitalen Optimalschulen passen die technische Ausstattung, die vor allem fachspezifisch ausgerichtete Fortbildung des Kollegiums sowie der reflektierte didaktische Einsatz digitaler Medien im Unterricht besonders gut zusammen. Technisch sind diese Schulen dabei nicht umfangreicher ausgestattet als andere Schulen. Dies zeigt die Studie „Digitales Potenzial“ im Auftrag der Vodafone Stiftung Deutschland, die Prof. Dr. Birgit Eickelmann und PD Dr. Kerstin Drossel von der Universität Paderborn auf Basis der Daten der ICILS-Studie 2018 erstellt haben.

STATEMENT

Die Aufstockung der digitalen Ausstattung von Lehrkräften, Schülern und Schulen ist dringend notwendig und überfällig. Aber der Fokus der aktuellen bildungspolitischen Debatte auf digitale Infrastruktur greift zu kurz. Der Corona-bedingte Lockdown hat eindringlich gezeigt: Es kommt vor allem darauf an, wie Technologie pädagogisch sinnvoll genutzt werden kann. Wir müssen Lehrkräfte noch viel gezielter und praxisorientierter darin unterstützten, digitale Technologien fächerbezogen im Unterricht und zur Förderung aller Schüleriinnen und Schüler einzusetzen.

Inger Paus
Vorsitzende der Geschäftsführung der Vodafone Stiftung

Bezogen auf das Kompetenzstufenmodell aus der ICILS-2018-Studie gelingt es digitalen Optimalschulen etwa ein Drittel (32 Prozent) ihrer Schüler:innenschaft auf die oberen beiden von fünf Kompetenzstufen zu heben und damit mehr als im Durchschnitt aller Schulen in Deutschland (24 Prozent). Gleichzeitig fallen bei digitalen Optimalschulen nur etwa halb so viele Schüler:innen (16 Prozent) auf den unteren beiden Kompetenzstufen zurück wie im bundesweiten Durchschnitt (33 Prozent).

Die Erfolge digitaler Optimalschulen sind umso bemerkenswerter, als dass die seit langem im deutschen Bildungssystem festzumachenden Ungleichheiten an diesen Schulen nicht reproduziert werden. Konkret heißt dies, dass es an diesen Schulen keine signifikanten Leistungsunterschiede in den digitalen Kompetenzen nach Geschlecht, Migrationshintergrund oder der sozialen Lage der Schüler:innen gibt.

STATEMENT

Die digitalen Optimalschulen zeigen, dass es auch nicht-gymnasialen Schulen gelingen kann im innerdeutschen und auch im internationalen Vergleich mitzuhalten. Besonders erfreulich ist, dass digitale Optimalschulen bei allen Schülerinnen und Schülern die digitalen Kompetenzen gezielt fördern und sie gleichzeitig chancengerecht sind und Bildungsungleichheiten überwinden. Damit können sie in doppelter Hinsicht beispielgebend für andere Schulen sein.

Prof. Dr. Birgit Eickelmann

Die optimale Passung von Technologie und Pädagogik: An digitalen Optimalschulen gehen technische Ausstattung, Kompetenzen der Lehrkräfte sowie Einsatz digitaler Technologien Hand in Hand

Digitale Optimalschulen sind hinsichtlich Hardware, Software und Netzanschluss weder besser noch schlechter ausgestattet als andere Schulen. Die Lehrkräfte an digitalen Optimalschulen zeigen sich jedoch im Vergleich zufriedener mit der Ausstattung ihrer Schule. Während 62 Prozent der Lehrkräfte an digitalen Optimalschulen der Meinung ist, dass ihre Schule über ausreichende und pädagogisch passende IT-Ausstattung verfügt, sind es im Durchschnitt aller Schulen nur 47 Prozent.

Gleichzeitig setzen Lehrkräfte dieser Schulen digitale Technologien effektiver und vielfältiger ein. Zwei Drittel (69 Prozent) der Lehrer:innen an digitalen Optimalschulen geben an, digitale Medien zum Präsentieren von Informationen im Frontalunterricht einzusetzen und damit deutlich mehr als an allen Schulen (44 Prozent). Jedoch nutzen Lehrkräfte an diesen Schulen gleichzeitig verstärkt die Potenziale digitaler Technologien für die individuelle Förderung. Fast ein Viertel (24 Prozent) äußert, häufig oder immer digitale Medien zur Förderung einzelner Schüler:innen oder kleinerer Gruppen im Unterricht einzusetzen und damit deutlich häufiger als an Schulen in Deutschland insgesamt (15 Prozent). “Die geschickte Kombination verschiedenere Einsatzmöglichkeiten digitaler Medien scheint den Mehrwert für das Lernen auszumachen“ fasst Studienautorin Eickelmann die Ergebnisse zusammen.

Auffällig ist auch, dass Lehrkräfte an den digitalen Optimalschulen ihre Fähigkeiten für den Einsatz von digitalen Technologien besonders intensiv und gezielt weiterentwickeln. Nach Angaben der Schulleitungen bilden sich größere Anteile der Kollegien dieser Schulen im Umgang mit digitalen Medien für den Unterrichtseinsatz fort als an anderen Schulen. Dabei legen sie in ihren Weiterbildungen einen Schwerpunkt auf den fächerspezifischen Einsatz digitaler Medien. Fast die Hälfte (48 Prozent) der Lehrer:innen an digitalen Optimalschulen hatte sich bereits vor der Erhebung der ICILS-2018-Studie fachdidaktisch weitergebildet und an Fortbildungen zur Nutzung digitaler Medien im Fachunterricht teilgenommen. Im Durchschnitt aller Schulen in Deutschland waren dies nur knapp ein Drittel (31 Prozent). Die Ergebnisse zeigen, dass vor allem für weiterführende Schulen die Professionalisierung von Lehrkräften besonders dann erfolgreich ist, wenn sie direkten Bezug zum (Fach-)Unterricht hat.

Methodik

Bei der hier vorgestellten Studie handelt es sich um eine Sekundärauswertung der Daten der International Computer and Information Literacy Study (ICILS 2018) (Eickelmann et al., 2019). In der ICILS-2018-Studie, deren Datenerhebung im Frühjahr und Frühsommer 2018 stattfand, kamen in Deutschland neben computerbasierten Tests zu den computer- und informationsbezogenen Kompetenzen für Achtklässler:innen (n=3.655), Fragebögen für die getesteten Schülerinnen und Schüler, Schulleitungen, IT-Koordinator:innen sowie Lehrkräfte (n= 2.386) der beteiligten Schulen zum Einsatz. Die ICILS-2018-Daten sind für Schulen in Deutschland repräsentativ und erlauben eine Unterscheidung zwischen Gymnasien und anderen Schulformen der Sekundarstufe I, also Schulen mit nicht oder nicht ausschließlich gymnasialem Bildungsgang (kurz: Nicht-Gymnasien).

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