Interview: „Digitalisierung ist ein allumfassendes Zukunftsthema und es muss jetzt geliefert werden.“
50 Prozent der 14- bis 24-Jährigen sagen, dass es ihnen schwerfällt, zu verstehen, wie das politische System in Deutschland funktioniert. Wie können Politiker:innen hier unterstützen?
Auf Social Media schreiben sehr viele junge Leute mich und andere junge Politiker:innen an. Es macht mich stolz, hier als Vorbild und Role Model dienen zu können. Dabei betone ich immer wieder: »Hey, ich bin kein Einzelfall. Jede:r kann es schaffen und eine relevante Rolle in der Politik spielen.« Aus meiner Sicht hat das viel mit Ideologie und Überzeugung zu tun. Was ich außerdem wahrnehme und was mich wirklich positiv stimmt, ist, dass sehr viele junge Menschen sich unglaublich mit Politik auseinandersetzen und die Plattformen der sozialen Medien dafür nutzen. Deswegen teile ich auch meine Backstage-Eindrücke: Wie läuft eine Abstimmung ab oder der Eintrag in die Anwesenheitslisten an Präsenztagen? Die Resonanz, die ich da bekomme, ist durchweg positiv.
Und abseits der digitalen Kanäle?
Ich bin ein absoluter Befürworter von Schulbe- suchen. Ich finde es wichtig, in Klassen zu gehen und politische Bildung auch vor Ort zu leben. Nah- barkeit und Authentizität sind enorm wichtig. Dabei geht es nicht um Parteitaktik, sondern darum, zu zeigen, wie demokratische Prozesse ablaufen oder wie man Bundestagsabgeordnete:r wird. Mir ist wichtig, zu betonen, dass man mit Fleiß und viel Arbeit alles erreichen kann.
Wir sehen, dass die männlichen Befragten zufriedener mit der Demokratie sind als die weiblichen. Was können die Parteien und die Regierung tun, um Frauen besser zu erreichen?
Partizipation und Diversität sind ein großes Thema, auch bei der FDP. Da haben auch wir noch Optimierungsbedarf. Wir brauchen diversere Inhalte und wir müssen diverser kommunizieren. Von einem Paritätsgesetz, wie es immer wieder formuliert und gefordert wird, halte ich persönlich nichts. Ich denke auch nicht, dass man zwangsläufig Teil einer Gruppe sein muss, um diese Gruppe vertreten zu können. Ich persönlich fühle mich nicht nur verantwortlich für junge, weiße Männer, sondern für jede Bürgerin und jeden Bürger in Deutschland.
Unsere Studie zeigt auch auf, dass sich junge Menschen mit formal niedrigem Bildungshintergrund insgesamt weniger politisch informieren und auch seltener das Gefühl haben, Politik beeinflussen zu können. Haben Sie eine Idee, was Politiker:innen tun könnten, um speziell diese Gruppe zu aktivieren?
Ich denke, man muss allen Menschen auf Augenhöhe begegnen – verständliche Sprache verwenden, immer authentisch bleiben und sich selbst auch nicht zu wichtig nehmen. Alle Abgeordneten sind nur im Bundestag, weil Bürger:innen sich entschieden haben, sie zu wählen. Damit haben die Bürger:innen im Grunde mehr zu sagen als die Abgeordneten. Wir sind nur die Personen, die die Interessen der Menschen vertreten. Auf dieser Ebene sollten wir auch miteinander sprechen. Darüber hinaus sollten wir jungen Menschen aus eher bildungsfernen Familien mit spannenden Angeboten an Schulen zeigen, dass Politiker:innen nicht weit weg, sondern jederzeit ansprechbar sind.
Welche Möglichkeiten hätten Sie sich selbst in Ihrer Schulzeit gewünscht, um politisch zu partizipieren oder besser zu verstehen, wie das System funktioniert?
Während meiner Schulzeit hatte ich ehrlich gesagt relativ wenig Kontakt zu Politik. Richtig angefangen hat es, als ich zum ersten Mal wählen durfte. Da habe ich mich mit der politischen Situation auseinandergesetzt. Ich bin damals auch Teil meiner Partei geworden und bin dann den Weg gegangen, der mich letztendlich in den Bundestag geführt hat. Jugendparlamente auf kommunaler Ebene sind eine gute Sache, denke ich. Die können wirklich etwas bewegen und die Jugendlichen beschäftigen sich mit Themen, die direkt vor Ort relevant sind – das kann eine Ampel an einem Straßenübergang vor der eigenen Schule sein, ein Zebrastreifen oder ein lokaler Fußballplatz. Wenn junge Menschen solche Dinge über ein Jugendparlament in die Wege geleitet bekommen, sehen sie, dass sie selbst Gestaltungsmöglichkeiten in der Politik haben
Fotonachweise
Dominik Konrad