Interview: „Resignation können wir uns in einer Zeit, in der so viel auf dem Spiel steht, nicht erlauben.“
Wie nutzen Sie unterschiedliche Social-Media-Plattformen für die junge Zielgruppe?
Erst einmal möchte ich alle erreichen. Ich vertrete Menschen, die ein bestimmtes politisches Anliegen gutheißen, unabhängig davon, ob sie einer Gruppe angehören oder nicht. Mir folgen mit Sicherheit auch viele Heterosexuelle, die gut finden, dass ich mich für LGBT-Rechte engagiere. Und: Ich engagiere mich für Feminismus, obwohl ich ein Mann bin. Deshalb hat die Frage, welcher Gruppe ich angehöre, nicht so viel damit zu tun, welche politische Überzeugung ich vertrete. Gerade plane ich, einen TikTok-Kanal aufzumachen, weil ich glaube, dass ich die Menschen dort abholen muss, wo sie stehen. Dazu passt auch ein Format, das ich im Wahlkreis sehr gerne anbiete: Es heißt »Pils und Politik«. Ich komme dann mit einem Kasten Bier vorbei, setze mich zu Leuten in den Schrebergarten, treffe mich mit ihnen im Park oder sitze in ihrer WG-Küche. So bekomme ich einen authentischen Querschnitt der Gesellschaft. Ich finde: Aktiv auf Leute zuzugehen ist eine wichtige Aufgabe von Politiker:innen.
Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass junge Frauen deutlich unzufriedener mit unserem demokratischen System sind als junge Männer?
Diese Unzufriedenheit hängt aus meiner Sicht mit der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit unseres politischen Systems für verschiedene Grup- pen zusammen. Es arbeitet ganz klar stärker für Männer als für Frauen. Um daran etwas zu ändern, ist es wichtig, Frauen nach vorn zu stellen. Ob wir es schaffen, junge Frauen von unserem politischen System zu überzeugen, wird am Ende des Tages aber davon abhängen, ob das politische System für die Lebenswirklichkeit von Frauen genauso gut sorgt wie für die Lebenswirklichkeit von Männern. Wenn Frauen weniger verdienen und im Gegen- satz zu Männern nicht selbst über ihren Körper entscheiden dürfen, tut es das offenkundig nicht. Wir brauchen eine feministische Politik, die etwas verändert.
86 Prozent der jungen Menschen glauben nicht, dass es der nächsten Generation besser gehen wird. Wie blicken Sie in die Zukunft – welche Hoffnungen haben Sie?
Wenn wir so weitermachen wie in den vergan- genen Jahren, werden zukünftige Generationen auf diesem Planeten keine gute Zukunft haben. Das betrifft die Klima- und Energiepolitik, unser Wirtschaftssystem, das auf immer höhere Bruttoinlandsprodukte und immer mehr Wachstum setzt, und unseren Ressourcenverbrauch. Dass 86 Prozent der Befragten auf dieser Grundlage nicht an eine bes- sere Zukunft glauben, finde ich eine sehr ehrliche Analyse. Das Wichtige und Entscheidende ist, dass auf diese Analyse nicht Resignation folgen darf, sondern Optimismus und tatsächliche Veränderung. Resignation können wir uns in einer Zeit, in der so viel auf dem Spiel steht, nicht erlauben.
Fotonachweise
Dominik Butzmann