07. Dezember 2021

Policy Paper: Die Wirkung sozialer Innovationen im Bildungsbereich stärken

Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Herausforderungen für das Bildungssystem haben einen nie dagewesenen Bedarf für soziale Innovationen im Bildungsbereich aufgezeigt. Obwohl aus den #WirvsVirus- und #WirfürSchule-Hackathons viele Ideen und Projekte für die Verbesserung von Bildungschancen in der Pandemie entstanden sind, konnten in den vergangenen 1,5 Jahren nur wenige dieser Projekte eine größere Wirkung entfalten oder werden überhaupt noch weiterverfolgt. Was können wir aus den Hackathons und ihren Projekten lernen? Und wie können – die aktuellen Herausforderungen im Bildungsbereich im Blick – soziale Innovationen zukünftig systematischer und langfristiger gefördert werden?

Berlin/Düsseldorf. Beruhend auf einer 18-monatigen Begleitforschung und Interviewdaten mit involvierten Akteur:innen, erläutert die Hertie School in Zusammenarbeit mit der Vodafone Stiftung in einem Policy Paper, welche Maßnahmen die Zusammenarbeit zwischen Staat, Zivilgesellschaft und privatem Sektor im Bildungsbereich zur Förderung sozialer Innovationen unterstützen können.

Was sind die Potenziale sozialer Innovationen?
Hackathons wie #WirVsVirus und #wirfürschule stellen eine Methode der offenen sozialen Innovation dar, sie sind aber längst nicht die Einzige. Auch aus der Zivilgesellschaft und von Sozialunternehmer:innen werden soziale Innovationen entwickelt. Beispiele dafür sind Projekte wie Kiron, Lern-Fair und Apeiros. Gemein ist allen Ansätzen, dass sie alle Bereiche der Gesellschaft (Zivilgesellschaft, Verwaltung, privater Sektor) offen dazu aufrufen, sich an der Entwicklung von Lösungen gesellschaftlicher Probleme und Herausforderungen zu beteiligen.

Soziale Innovationen können keine gute Bildungspolitik ersetzen. Sie können aber bestehende strukturelle Maßnahmen ergänzen, unterstützen und verbessern. Dies betrifft vor allem Bereiche in denen staatliche Steuerung (noch) nicht möglich ist. Ihr Potenzial liegt vor allem darin,

  • schnell(er) Lösungen für kurzfristige und unvorhersehbare Herausforderungen (z.B. der Pandemie) zu entwickeln
  • Angebote für Schnittstellen im Bildungssystem (z.B. im Übergang von Schule zur Ausbildung) zu schaffen
  • eine Experimentierumgebung für Angebote und Methoden in Bereichen mit hoher Unsicherheit zu bieten
  • Anspruchsgruppen, wie Eltern, Lehrkräfte oder Schüler:innen, selbstwirksam an der Entwicklung von Bildungslösungen zu beteiligen

Wie können soziale Innovationen zu einem festen Bestandteil eines zeitgemäßen Bildungssystems werden?
Es gibt eine Vielzahl an Gründen dafür, dass es soziale Innovationen oft nicht bis zur Wirkungsentfaltung schaffen. So können sich Projekte im Zeitverlauf schlicht als nicht tragfähig oder personelle Ressourcen als nicht ausreichend erweisen. Aber auch die Strukturen des Bildungssystems können ungünstige Rahmenbedingungen für Initiativen setzen. Besonders hoch sind die Barrieren für solche Projekte, die erst durch Etablierung in Schulen oder die Zusammenarbeit mit Schulverwaltungen ihre Wirkung entfalten.

Die Autor:innen formulieren folgende zentrale Vorschläge für eine bessere Wirkungsentfaltung und Nutzung von sozialen Innovationen im Bildungsbereich:

  1. Etablierung von Schnittstellen und Strukturen für soziale Innovationen im Bildungssystem, z.B. in Form einer Förderung von Beratungs- und Transferstellen durch das BMBF.
  2. Transparenz über die Vielfalt an sozialen Innovationen im Bildungsbereich schaffen, z.B. durch den Aufbau einer Online-Plattform mit einem strukturierten Überblick über bestehende Angebote
  3. Soziale Innovation durch vielseitige Finanzierungsinstrumente entlang des Innovationsprozesses verstetigen, z. B. durch Förderungen, Kredite, Impact-Investments, CSR- und staatliche Programme.

STATEMENT

Die andauernde Pandemie-Situation offenbart jeden Tag aufs Neue, dass wir dringend neue Ideen und originelle Lösungen brauchen, um die Bildungschancen in unserem Land zu verbessern. Trotz engagierter Hackathons zeigt die langsame oder gar fehlende Reaktionsfähigkeit unseres Bildungssystems jedoch, dass die Potenziale sozialer Innovationen längst nicht gehoben sind. Unser Policy Paper macht deutlich, mit welchen Ansätzen wir soziale Innovationen zu einem festen Bestandteil des Bildungssystems machen können – aus unserer Sicht eine zentrale Aufgabe für die nächste Bundesregierung.

Dr. Johanna Börsch-Supan, Leiterin Strategie und Programm, Vodafone Stiftung

Mit Blick auf die Zukunft bestärken die Autor:innen, dass es nicht nur Möglichkeiten und Initiativen braucht, um veränderungswillige Akteur:innen zusammenzubringen, sondern auch konkrete Formate, die Projekte und Ideen im Nachgang unterstützen. Außerdem unterstreichen sie nochmals den dringenden Bedarf an neuen Formen der Wissensgenerierung, bei dem offene Formate wie z.B. Hackathons und Barcamps im inner- und außerschulischen Bereich große Gestaltungsmöglichkeiten bieten.

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Nina Mülhens ist Co-Gründerin und Geschäftsführerin des Social Bildungs-Start-ups DigitalSchoolStory sowie Kommunikationsstrategin.
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Güncem Campagna ist Gründerin und Geschäftsführerin der gemeinnützigen „Tech and Teach gGmbH“ sowie 1. Vorsitzende des „Women in Tech e.V.“.
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