3. Juni 2022

Interview: Smarte Schule – Nachhaltig vernetzt in die Zukunft!

Monitore, die den Verbrauch von Wasser und Strom anzeigen, digitale Outdoor-Arbeitsinseln, ein Schulgarten mit Solarmöbeln, Online-Expertengespräche im Unterricht und viele weitere Ideen: Schüler:innen und Lehrkräfte der Brillat-Savarin-Schule in Berlin wünschen sich ein nachhaltiges und digital vernetztes Schul- und Lernumfeld. Die Initiative Smarte Schule hat dem Oberstufenzentrum Gastgewerbe dabei geholfen, die Digitalisierung und den Klimaschutz besser miteinander zu verzahnen. Wie dies gelingen kann ist, berichtet Birgit Kahland vom InfraLab Berlin.

Was ist das Besondere an einer Smarten Schule?

Die Schule von heute und morgen ist digital. Außerdem soll sie Schüler:innen zunehmend auch für das Thema Nachhaltigkeit sensibilisieren. Anhand der Brillat-Savarin-Schule in Berlin möchten wir exemplarisch aufzeigen, dass man nicht nur moderne Unterrichtsinhalte nachhaltig und vernetzt gestalten kann, sondern auch die Ausstattung, das Ressourcenmanagement und das Umfeld einer Bildungseinrichtung miteinbeziehen kann.

Wie wird aus der Berliner Pilotschule eine smarte Schule?

In einem zweitägigen Workshop haben wir mit den Schüler:innen und Lehrkräften zunächst die wichtigsten Handlungsfelder herausgearbeitet. Die Teilnehmer:innen haben dafür u.a. die Schulausstattung und das Schulkonzept genau unter die Lupe genommen. Immer mit dem Ziel vor Augen, ihre Schule nachhaltiger zu gestalten. 48 Maßnahmen standen am Schluss auf der To-Do-Liste. 30 davon möchte die Schule unbedingt selbst umsetzen. Für die anderen 18 Maßnahmen, die zum Teil sehr kostenintensiv sind, fehlen leider noch die finanziellen Fördermittel.

STATEMENT

„Die Schule von heute und morgen ist digital. Außerdem soll sie Schüler:innen zunehmend auch für das Thema Nachhaltigkeit sensibilisieren.“

Birgit Kahland
InfraLab Berlin

Es ist nicht immer einfach, junge Menschen für ein Thema zu begeistern. Wie haben Sie die Mitarbeit der Schüler:innen an dem Projekt erlebt?

Schüler:innen waren von Anfang an unglaublich motiviert bei der Sache. Das hat mich sehr beeindruckt! Ihnen war es ganz wichtig zu erfahren, wie sie mit ihrem eigenen Verhalten zur Klimaneutralität beitragen können. Ich hätte nicht gedacht, dass man sich in diesem jungen Alter bereits so intensiv damit auseinandersetzt.

Was haben sich die Schüler:innen einfallen lassen, um ihre Schule nachhaltig zu verbessern?

Für die Schüler:innen war es zum Beispiel ganz wichtig zu wissen, wie viel Strom in der Schule täglich verbraucht, bzw. wie viel Energie durch die schuleigene Solaranlage auf dem Dach erzeugt wird. Als zukünftige Fachkräfte im Gastgewerbe spielen die Zubereitung und der Umgang mit Lebensmitteln in der Schule eine große Rolle. Die Schüler:innen haben sich aus diesem Grund einen „Meatless Monday“, einen vegetarischen Montag in der Schulmensa, gewünscht. Das Wunschgericht in der Mensa bestellt jeder Schüler vorab mit dem Smartphone. Durch diesen smarten Bestellvorgang kann die Schulküche viel besser im Voraus planen und eine unnötige Lebensmittelverschwendung vermeiden.

Haben die Schüler:innen auch konkrete Vorschläge zur nachhaltigen Unterrichtsgestaltung eingebacht?

Als Teil des Unterrichts planen die Schüler:innen zum Beispiel den Schulgarten, in dem unter anderem Gemüse und Kräuter angebaut werden sollen, mit digitalen Elementen zu versehen. An den Pflanzen sollen beispielsweise Schilder mit QR-Codes angebracht werden. Beim Einscannen mit dem Smartphone, erfährt man Wissenswertes über die Pflanze und erhält passende Rezeptvorschläge. Darüber hinaus setzen sie sich für eine smarte Bearbeitung von Unterrichtsmaterialien ein. Neben Online-Schulbüchern sollen digitalisierte Arbeitsblätter verwendet werden, die direkt auf dem Tablett bearbeitet werden können und Ausdrucke auf Papier überflüssig machen.

STATEMENT

Jede Schule muss individuell betrachtet werden und startet mit anderen Voraussetzungen.

Birgit Kahland
InfraLab Berlin

Sind die Lehrer:innen genauso engagiert bei der Sache wie ihre Schüler:innen?

Auf jeden Fall! Auch die Lehrkräfte zeigen eine sehr hohe Bereitschaft, neue Lösungen zu entwickeln, die den Unterricht voranbringen. Gerade durch die Corona-Pandemie ist es für das Oberstufenzentrum Gastgewerbe – und sicherlich auch für viele andere Berufsschulen – nicht einfach, junge Menschen zu finden, die eine Ausbildung in der Restaurant- oder Hotelwirtschaft absolvieren möchten. Lehrkräfte haben erkannt, dass eine intelligente Verknüpfung von Nachhaltigkeit und Digitalisierung ein Faktor zur Steigerung der Attraktivität einer Schule sein kann.

Können Sie einige Beispiele nennen, die sich die Lehrkräfte für eine nachhaltig vernetzte Schule wünschen?

Bisher gibt es keine ansprechenden Arbeitsorte. „Chill out and learn“ heißt deshalb das Motto an der Brillat-Savarin-Schule. Sie wünschen sich bepflanzte Arbeitsinseln im Außenbereich mit digitalen Elementen, wie z.B. Solarmöbeln. Auch die Bibliothek, die bisher nur wenig als Lernort genutzt wurde, soll mit digitalen Arbeitsplätzen, an denen einzeln oder in der Gruppe zusammen gelernt werden kann, neu belebt werden. Nachhaltigkeit und Klimaschutz werden zudem nicht als externes Fach unterrichtet, sondern ganzheitlich in den Stundenplan einbezogen.

Können andere Schulen von diesem Konzept lernen?

Jede Schule muss individuell betrachtet werden und startet mit anderen Voraussetzungen. Sicherlich lassen sich bestimmte Maßnahmen auf andere Schulen übertragen. Dennoch gibt es viele Themen, die eigene Lösungen benötigen. Ich gehe davon aus, dass man rund zwei bis drei Jahre braucht, um einen nachhaltigen Wandel umzusetzen. Die große Resonanz der Schüler:innen und Lehrkräfte bei uns hat gezeigt, dass sich dieser Aufwand lohnt. Gerne würden wir diesen Projektansatz gemeinsam mit der Berliner Energieagentur weiter fortsetzen und weiteren Schulen die Möglichkeit dieses Prozesses ermöglichen. Hier suchen wir nach einer Anschlussförderung für die Umsetzung an weiteren Schulen, aber auch für die Umsetzung der kostenintensiven Maßnahmen an der Brillat-Savarin-Schule, die so eine tolle Pilotschule für das Projekt war.

Die Berliner Energieagentur und das InfraLab Berlin haben das Projekt Smarte Schule 2020 in einer Gemeinschaftsaktion auf den Weg gebracht. Die Konzeptphase wurde von der Berliner Senatskanzlei gefördert.

Birgit Kahland

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